Reden beim 200. Stiftungsfest (Auswahl) | ||||||||||||||||
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Eröffnung der Ausstellung im Schloßbergmuseum am 17. April 1999
Einführung in die Ausstellung
Festversamlung im Schloßbergmuseum am 25. April 1999
Begrüßung durch den Museumsdirektor
Sehr geehrte Festgäste von nah und fern,
Als wir uns vor sechs Jahren entschlossen haben, dieses Jubiläum zum Anlass für eine historische Ausstellung zu wählen, da konnten wir noch nicht ahnen, auf was wir uns einlassen würden. Unsere drei größten Überraschungen sind es wert, gerade
an diesem Tag in Erinnerung gerufen zu werden.
Die 1. Überraschung Die Suche in unseren Magazinen förderte rasch die schlimme Erkenntnis zu Tage, daß unter unseren 80.000 Objekten nur 4 Gegenstände eindeutig aus freimaurerischem Kontext stammten. Ein vorsichtiger Museumsdirektor hätte daraufhin sofort das gesamte Vorhaben abgeblasen. Aber hätten wir uns dann nicht zum Handlanger all derer gemacht, die für diese Vernichtung oder das Nicht-Sammeln verantwortlich sind? Die Nazis hätten sich ebenso über ihren späten Sieg gefreut wie die SED-Ideologen, die dafür sorgten, daß DDR-Museen ihr Sammlungsprofil an den sogenannten gesellschaftlichen Bedürfnissen ausrichteten. Nein, diese "damnatio memoriae" wolltenwir keinesfalls weiter fördern! Was bei unserem trotzigen "Jetzt erst recht" herausgekommen ist, wird
Ihnen Herr Fiedler beim Rundgang heute morgen vorführen können.
Die 2. Überraschung Bei unseren Forschungs- und Leihkontakten zu anderen Museen fanden wir heraus, dass das Thema "Freimaurer" von öffentlichen Museen kaum bearbeitet worden ist. Natürlich freut es einen, wenn einem ein Alleinstellungsmerkmal sozusagen in den Schoß fällt, doch in diesem Fall bedrückt mich die Pionierrolle. Wenn es wirklich wahr ist, dass wir das erste Museum in öffentlicher Trägerschaft sind, das seit 1945 in Deutschland (Ost wie West) eine große historische Ausstellung über Freimaurer vorbereitet und zeigt - falls Sie andere Ausstellungen kennen, dann lassen Sie uns das bitte wissen - wenn wir also wirklich die ersten wären, dann wäre dies ein beschämendes Zeugnis dafür, dass deutsche Museen nach 1945 ihr eigenes Scherflein zur Tabuisierung des Themas Freimaurer beigetragen haben. Doch die Logen waren zu wichtig in der deutschen Gesellschaft, als dass man die öffentliche Darstellung ihrer Geschichte auf freimaurerische Organisationen abschieben sollte! Unsere Konsequenz: Eine Ausstellung vorzubereiten, die sich auch für
auswärtige Besucher lohnt sowie überregional auf diese Ausstellung
hinzuweisen.
Die 3. Überraschung Dass es einmal in Chemnitz ein Logenmuseum gegeben hat, war dem einen oder anderen noch in Erinnerung. Aber von dessen Bedeutung und Wirksamkeit wußte niemand mehr - auch nicht bei uns im Museum für Stadtgeschichte. In dem seit 1936 zum Propagandamuseum umfunktionierten Logenhaus wurde
die Freimaurerei an den Pranger gestellt. Den über 1 Million Besuchern
versuchte man beizubringen, daß die Freimaurer (Seite an Seite mit
Juden und Bolschewiken) zu den schlimmsten Feinden deutscher Art zählten.
Daß der Name unserer Stadt mit dieser leider sehr erfolgreichen Diffamierungskampagne
verknüpft und damit befleckt ist - das war für uns eine bittere
Erkenntnis, aber auch ein Ansporn, zum heutigen Jubiläum nicht "bloß"
eine Ausstellung abzuliefern, sondern engagiert dazu beizutragen, dass
mehrere kulturelle Einrichtungen dieser Stadt ein anspruchsvolles und breites
Programm für die Chemnitzer und ihre Gäste bieten.
Sehr verehrte Festgäste! Dass die Stadt Ihnen für Ihr Jubiläum die beiden schönsten Säle, den Ratssaal und den Festsaal des Renaissanceschloßes angeboten hat, ist ein bescheidener Versuch, etwas von der Schande wieder gut zu machen, die ein Chemnitzer Museum über die Loge "Zur Harmonie" und die Freimaurerei in ganz Mitteleuropa gebracht hat - und öffentlich die Ehre zu erweisen, welche die Loge "Zur Harmonie" sich durch ihr Wirken im Stillen verdient hat. Ich heiße Sie daher ganz besonders herzlich hier willkommen!
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