Die Loge im 19. und frühen 20. Jahrhundert
     
   
...freie Männer guten Rufs!

Zwischen 1799 und 1933 gehörten der Freimaurerloge "Zur Harmonie" über 1800 Personen an, die in Sachsen, z.T. aber auch in entfernteren Regionen des Deutschen Reiches ihren Wohnsitz hatten. Hatte die Loge im Gründungsjahr sieben Mitglieder, waren es 100 Jahre später bereits 315 Brüder. Die höchste Mitgliederzahl erreichte die "Harmonie" in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts, als ihr fast 450 Freimaurer angehörten; sie war damals - nach der Hamburger - die zweitgrößte Loge im Deutschen Reich.


Mit der endgültigen Verlegung nach Chemnitz im Jahre 1823 wurde der Anteil hier ansässiger Bürger spürbar größer. Betrachtet man die Mitgliederverzeichnisse der Loge "Zur Harmonie", lesen sich diese wie ein "Who is who" der Stadtgeschichte: Nahezu alle wichtigen Unternehmer, die im 19. Jahrhundert das wirtschaftliche Profil der Stadt prägten, finden sich neben bekannten und bedeutenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und der Stadtverwaltung, neben Musikern, Handelsleuten, Ärzten, Pädagogen, Hochschullehrern, Offizieren, Juristen und Pastoren, aber auch neben Handwerkern, kleinen Angestellten und Lohnarbeitern unter den Logenbrüdern.

Die "Meister vom Stuhle" im 19. Jahrhundert


 


Prominentester Chemnitzer Freimaurerer war sicherlich "Lokomotivkönig" Richard Hartmann, der am 26.Januar 1847 in die "Harmonie" aufgenommen wurde und ihr 31 Jahre, bis zu seinem Tod, angehörte. Hartmann kam möglicherweise über seine Freundschaft zu Hermann Eger, den Archidiakon und Oberpfarrer der Chemnitzer Jakobi-Kirche, zur Freimaurerei.
 
 

...die Quintessenz der Weisheit aller Philosophen

Das "Innere" Leben der Loge "Zur Harmonie"

Die Chemnitzer Loge gehört dem System der sogenannten "Johannis"-Freimauererei an. Ihre Rituale kennen nur die Abstufung nach "Lehrling - Geselle - Meister", im Gegensatz zur Freimauererei nach Schottischem Ritus, die über 33 hierarchische Abstufungen und stärkeren esoterischen Charakter aufweist.

Das gemeinsame brüderliche Erlebnis dieser feierlichen Rituale, das einen wesentlichen Charakterzug maurerischen Lebens darstellt und als eigentliches "Geheimnis" angesehen wird, scheint in den ersten Jahren der Logenexistenz noch recht bescheiden ausgefallen zu sein. Richtungs-, Organisations- und Ritualfragen bestimmten lange Zeit die interne Diskussion. Von einem eigenen Logenhaus konnte noch keine Rede sein, zur spirituellen Vertiefung standen nur wenige Zeremonialgegenstände (einige Arbeitstafeln und ein Arbeitsteppich) zur Verfügung. Wenige Jahre nach der Gründung stagnierte auch der Mitgliederzulauf.
 


Das alte Logenhaus


 


Mit dem Umzug nach Chemnitz im Jahre 1823, den Logenneubauten von 1847 und hauptsächlich von 1905 entstanden großzügige Räume, deren Anlage und Ausstattung die rituelle Arbeit in den drei verschiedenen Graden "Lehrling - Geselle - Meister" unterstützte und vertiefte.
 


Das neue Logenhaus


 





...was Gutes in uns ist wolln wir zum Baue bringen

"Außeres" Wirken der Loge "Zur Harmonie"

Erziehung zur Humanität vereint mit karitativem Wirken bildetete von 1799 an das Rückgrat der nach außen wirkenden Arbeit der Loge "Zur Harmonie". Schon in den ersten Jahren wurden Katastrophen- und Unfallopfer, Witwen, Waisen, unverschuldet Notleidende usw. finanziell durch Logenspenden unterstützt.

Die in aller Stille betriebene Unterstützungstätigkeit wurde nach und nach institutionalisert und fand ihren Ausdruck in einer Vielzahl von Einrichtungen und Stiftungen, die z.T. durch enorme Einzelbeiträge Chemnitzer Freimaurer finanziert wurden. Außerdem betrieb die Loge situativ bedingte Einrichtungen, wie z.B. ein Lazarett für Blinde und Sehgeschädigte während des I. Weltkrieges.
 


Lazarett der Loge  (I. Weltkrieg)


 


Obwohl die Mitglieder der "Harmonie" durchaus nicht frei von stark konservativ geprägten, deutschnationalen und monarchistischen Anschauungen waren, bewies die Loge in der Geschichte, daß Humanität und Toleranz mehr als bloße Begriffe waren: Chemnitzer Freimaurer sprachen sich nicht nur nachhaltig für die Aufnahme von "Israeliten" in die Logen aus, sie nahmen bereits ab 1877 - also bereits 10 Jahre nach der ersten Wiederzulassung von Juden in Chemnitz - jüdische Bürger als völlig gleichberechtigt auf.

Als im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 der Haß auf die französische Nation zur deutschen Staatsdoktrin erhoben wurde, plädierten die "Harmonie" ausdrücklich dafür, "dem geschlagenen Feind die Liebe nicht zu versagen" und dauerhaften Frieden zwischen den Nationen zu schaffen.

Auch 1919 bekannte sich die Loge - entgegen der herrschenden Strömung im deutschen Großbürgertum - deutlich zur neuen Republik und zur Demokratie.

 

 
         
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