Massenertüchtigung und Propaganda 
 Sport im III. Reich
 
    
 
 
  Die Nationalsozialisten erkannten nicht von Anfang an das im Sport liegende Potential. Hitler äußerte sich in "Mein Kampf" nur im Kontext der Erziehung über den Sport und sah in ihm eine Möglichkeit zur "Heranzüchtung kerngesunder Körper". Deswegen sollte es täglich eine Stunde Schulsport geben. Von den Sportarten nannte und empfahl er lediglich das Boxen.  

Der Nationalsozialismus konnte leicht an einige Grundstimmungen der Weimarer Zeit anknüpfen, wie die Zivilisationskritik, dem Wehrersatzgedanken und dem Traum von nationaler Überlegenheit. Goebbels begriff rasch, wie Turnen und Sport propagandistisch benutzt werden konnten. Sie eigneten sich gut für die Erziehung zur "Volksgemeinschaft, Rassenreinheit und Rassenbewußtsein, Wehrhaftigkeit, Kraft, Mut, Stärke, Führertum".  
 

Verbot und Gleichschaltung 

1933 griffen die Nationalsozialisten einschneidend in die Organisationsstruktur des Sports ein und zerschlugen sie bzw. formten sie um. Das Foto vom Verbrennen der Fahne der Freien Turnerschaft Chemnitz-Kappel erinnert an die gewaltsame Auflösung der Arbeiter-, Turn- und Sportvereine.  

Fahnenverbrennung 1933 

1935/6 wurden die bürgerlichen Vereine völlig gleichgeschaltet; sie mußten die demokratischen Strukturen aufgeben und sich dem Führerprinzip beugen. Die Deutsche Turnerschaft wurde aufgelöst, die Vereine in die neue NS-Sportorganisation eingeordnet. Juden wurden auch im Sport sofort ausgegrenzt: Als Nichtarier wurden sie aus bestehenden Vereinen ausgeschlossen. Die jüdischen Turner und Sportler in Chemnitz organisierten sich daraufhin unter schwierigsten Bedingungen in eigenen Vereinen ("Schild", "Makkabi", "Bar Kochba"), die allerdings nur unter Ausschluß der Öffentlichkeit trainieren und Wettkämpfe durchführen durften und 1938 ganz aufgelöst wurden.  
 

Sportstätten  

In Chemnitz gelang es den Nationalsozialisten, sich schon bald nach der Machtergreifung als große Förderer der Volksgesundheit und des Sports in Szene zu setzen. Das Stadtbad, eines der ehrgeizigen Projekte der Weimarer Zeit, wurde nun weitergebaut und 1935 festlich eingeweiht.   

Großkampfbahn, 1938Ansonsten fällt die Bilanz des NS-Sportstättenbaus in Chemnitz bescheiden aus. Kaum ein eigenes Neubauprojekt ist zu verzeichnen und auch die große Ausnahme, der Ausbau der Südkampfbahn zur Großkampfbahn, wurde lange durch Berlin verhindert. Doch dank des hartnäckigen Bemühen von "Sportführer" Schmidt, dem Chemnitzer Generalbevollmächtigten vom Reichssportführer Tschammer und Osten, konnte 1936-1938 das neue Großstadion gebaut werden. Es blieb allerdings unvollendet; ausgerechnet das für propagandistische Zwecke so nützliche Aufmarschgelände ist nie fertig geworden.  
 

Sportpolitik  

Der Breitensport bot den Nationalsozialisten gute Ansatzpunkte, um die Menschen auf ihre ideologischen und politischen Ziele hin umzuformen. Ob Jungen (HJ) oder Mädel (BdM), ob SA oder SS, ob Betriebssportgemeinschaft oder Kraftfahrer (NSKK) - überall wurde Breitensport und damit körperliche Ertüchtigung, Siegeswille, Disziplin und Unterordnung als wichtige Instrumente der nationalsozialistischen Herrschaft gefördert. Auch die neu geschaffene Erholungsorganisation "Kraft durch Freude" (KdF) bot nicht nur Kreuzfahrten und Badeurlaube an, sondern auch Gymnastik- und Skikurse.  

An Schulen und Hochschulen wurde Sportunterricht verstärkt, 1935 z. B. an höheren Schulen auf drei und 1937 auf fünf Stunden je Woche; mangels Räumen und Lehrern konnte dies jedoch nicht überall durchgesetzt werden.  

Werbeveranstaltung für die Olympiade 1936 

Die Olympiade 1936 in Garmisch und Berlin wurde zum Höhepunkt der ersten Phase der nationalsozialistischen Sportpolitik. Nun konnte das Dritte Reich der Welt zeigen, welche Erfolge deutsche Sportler erringen konnten und was das "Neue Deutschland" in drei Jahren bereits erreicht hatte. Um dies einem internationalen Publikum zu demonstrieren, war man sogar bereit, einige jüdische Sportler in die deutsche Mannschaft zuzulassen. Mit hohem propagandistischen Aufwand und Geschick wurden diese Spiele vorbereitet und begleitet. Lediglich die Tatsache, daß ausgerechnet ein schwarzer Läufer (Jesse Owen) vier Goldmedaillen holte, brachte die Schreiber in einige Argumentationsnot; so wurde sein Laufstil als "systemlos" oder "dem Tier ähnlich" charakterisiert.  
erster Chemnitzer Olympiasieger: Karl LorenzAuf Chemnitz fiel erstmals olympischer Glanz: Bahnradsportler Karl Lorenz gewann im 2 km Tandemfahren (zusammen mit dem Leipziger Ihbe) die erste "Chemnitzer" Goldmedaille.  

Die Vorbereitung der Olympiade veranlaßte die nationalsozialistische Sportpolitik, sich verstärkt mit dem Leistungssport auseinanderzusetzen. Gute Voraussetzungen für eine zentrale Förderung und Steuerung bot die "Gleichschaltung" sowie die neuen straffen Strukturen mit dem Deutschen Reichsamt für Leibesübungen und seinen Fachämtern. Die Reichswettkämpfe der HJ schufen eine neue Basis für den Leistungssport.  

Besonders unterstützt wurde mit Blick auf die nun heimlich anlaufende Kriegsvorbereitung - der Motorsport. Die Region Chemnitz mit der Auto-Union, einem der beiden führenden deutschen Automobilkonzerne, war stark eingebunden. Deutsche Meister, Europameister bzw. die Sieger bei der Internationalen Sechstagefahrt (Winkler, Klug, Geiß) kamen aus Chemnitz. Auch im Breitensport wurden die Kraftfahrer stark gefördert, insbesondere durch das "Nationalsozialistische Kraftfahrerkorps" (NSKK). 1930 stellte der spätere Chemnitzer Oberbürgermeister Schmidt im Auftrag des Gausturms Sachsen den ersten sächsischen Motorsturm auf.  
 

Sport im Krieg  

An der "Heimatfront" lief der Sportbetrieb trotz Kriegsbedingungen in Chemnitz weiter. Anfänglich wurden noch "Deutsche Kriegsmeisterschaften" ausgetragen, aber immer mehr Sportler mußten an die Front; Sportstätten wurden zu Unterkünften für Gefangene, Lagerstätten oder Kartoffeläckern umfunktioniert. Von allen Einschränkungen ausgenommen blieb der Jugendsport in der HJ; hier gab es bis 1944 Sportveranstaltung.  

Erinnert werden muß auch an die Gewalt der Waffen. Der Turnverein Hilbersdorf hat im 2. Weltkrieg ein Gefallenenbuch angelegt, das die erschreckend große Zahl von Vereinsmitgliedern vor Augen führt, für die der Krieg nicht zum reinigenden Stahlgewitter, sondern zum Todbringer wurde. 

 
 
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